Aktualisiert: 26.9.2019
Christine Longin berichtet in ihrem Tweet über ein anonymes Geständnis eines Französischlehrers aus Hamburg, das auf Spiegel-Online zu lesen ist:
> Bin ich der Glasbläser des Bildungssystems?
„Lehrergeständnisse. Wie Schule wirklich ist,“ steht als Überschrift über dem Text des Hamburger Lehrers. Das klingt reißerisch, gilt aber keinesfalls für alle Schulen. Das Negative weckt Aufmerksamkeit, Über Erfolge im Französischunterricht wird viel zu wenig gesprochen. Erfolg, den haben Schüler/innen, die z.B. Nach dem Abitur mit Hilfe der Deutsch-französischen Hochschule in einen Doppelstudiengang kommen.
Nur fünf Schülerinnen haben den Weg in seinen Oberstufenkurs gefunden. Und das ist auch das Problem des Französischunterrichts in Deutschland. Immer mehr Schüler geben Französisch nach der Sekundarstufe I auf, weil man ihnen die Abwahl so leicht macht.
Der anonyme Lehrer hat so seine Vermutungen: „Der deutsch-französische Motor Europas? Keine große Hilfe, wenn es darum geht, Kinder für Französisch zu begeistern, sondern ins Stottern geraten. Seitens der Politik vermisse ich in der Merkel-Ära ein besonderes Interesse für Frankreich. Präsident Emmanuel Macron versucht es zwar immer wieder mit Initiativen, aber von deutscher Seite bleiben die Reaktionen verhalten.“ Da ist etwas dran, die Beziehungen zu Frankreich haben einen Grad der Normalität erreicht, dass sich Schüler/innen kaum wundern, wenn man ihnen von einem gemeinsamen Parlament, der > Deutsch-französischen Parlamentarierversammlung, erzählt, in dem deutsche und französische Abgeordnete tagen und beraten. Was Schüler/innen heute wohl vom > Aachener Vertrag wissen? Wann der unterzeichnet wurde?
Man hat den Eindruck le francoallemand erscheint nur bei besonderen Gelegenheiten in der Presse. Aber, es ist den Bürger/innen und den Schüler/innen offensichtlich nicht klar, dass die Ministerien und die Regierungen in Paris und Berlin auf allen Ebenen ständig zusammenarbeiten:
> Deutsch-französische Kooperationen: Unsere Bookmarks
Die Aufzählung der gemeinsamen Räte und Gremien würden hier mehrere Seiten füllen. Unsere Redaktion vermutet, dass in Deutschland viel zu wenig Werbung für das Fach Französisch gemacht wird. Wer erzählt Schüler/innen, die sich mit dem Gedanken tragen, Französisch in der Sek II nicht weiterzumachen, dass dieses Fach eine der besten Arbeitsversicherungen für sie ist? 10 Bewerber: alle können Englisch, der 10. sagt, ich kann auch gut Französisch. Und welche Schüler/innen haben mehr als drei französische Romane gelesen, bevor sie entscheiden dürfen, Französisch aufzugeben?
Das Regal bei > Klett Sprachen für Französisch ist prall mit Lektüren gefüllt:
Haben wir genau gelesen? Der Hamburger Lehrer erwähnt das Wort Literatur nicht. Natürlich muss es nicht gleich Marcel Proust sein. Und dennoch > Roger Willemsen hat seinen Klassenkameraden in Bonn davon vorgeschwärmt, was für einen ungeheuren Kick in jeder Hinsicht ihm die Lektüre von A la recherche du temps perdu gegeben hat: > Nachgefragt: Luc Fraisse, Lire Marcel Proust aujourd’hui – 3. März 2016. Und wie steht es um die Passion der lehrer/innen für ihr Fach, die > Romanistik, das sie studiert haben? Teilen sie ihre Passion für die > Literatur -337 Artikel auf unserem Blog – mit ihren Schüler/innen? Zu schwer? Nein, die Schüler/innen müssen sich einmal mit dem Lesevirus infizieren: > Rezension: Édouard Philippe, Des hommes qui lisent – 19. September 2017 oder > #lire III Französische Literatur für Schüler/innen – 8. Februar 2019 von H. Wittmann.
Die Digitalisierung – an diesem Thema arbeitet unsere Redaktion gerade: dazu ganz bald mehr auf dem > Blog von Klett-Cotta – ist keinesfalls ein Wundermittel für die Motivation: >Essai. Lernen und Studieren mit dem Internet – 30. September 2016 oder > Ecrivez-vous à la main ou tapez-vous au clavier ? – Schreiben Sie mit der Hand oder der Tastatur? – 24. August 2017 – aber man kann das Internet auch im Französischunterricht sehr geschickt einsetzen: > Arbeiten im Französischunterricht: Suchen und Lernen mit Twitter – 23. September 2019 von H. Wittmann.
„Tatsächlich hat Französisch hierzulande aber immer mehr an Bedeutung verloren, ist mein Eindruck,“ schreibt der anonyme Lehrer. Und das knüpft wieder an die oben genannte politische Dimension des Problems an. Migration, Digitalisierung, Klimakrise, Sicherheit, kein Land in Europa – auch Großbritannien nicht kann diese Probleme auch nur ansatzweise alleine lösen. Sie können es natürlich versuchen, aber der wirklich große Erfolg kann nur gemeinsam errungen werden. Das ist der Sinn von Präsident Macrons Auffassung einer > europäischen Souveränität, die die der Mitgliedsländer verteidigen soll. Wäre diese europäische Solidarität nicht da, wäre jedes Mitgliedsland auf sich alleine gestellt.
> Conférence à Montpellier, 28 février 2017. Emploi : L’accès au premier emploi en France et en Allemagne avec une bibliographie et une sitographie
Unser Handbuch auf Twitter zum Französischunterricht > https://twitter.com/search?q=%40francebloginfo%20franz%C3%B6sischunterricht&src=typed_query
> > Argumente für Französisch
Mit keinem anderen Land der Welt unterhält Deutschland so intensive, auch schon so alltägliche Beziehungen, so dass der Alltag francoallemand den Medien kaum der Rede mehr wert ist. Die > deutsch-französischen Städtepartnerschaften sind ein weiterer Hinweis auf die Intensität der deutsch-französischen Kooperation.
Brexit, „Ende der transatlantischen Freundschaft“, „sinkende Mobilität durch Klimaerwärmung“ stehen für unseren anonymen Lehrer für die Hoffnung, Französisch und mit „dem ehemaligen Motor Europas“ könnten wieder Aufwind bekommen. „Nur: Wie könnte ich mir das wünschen? Denn was bedeutet schon mein kleines Fach, wenn die Welt im Chaos versinkt?“ Unsere Redaktion ist nicht der Auffassung, dass Französisch ein kleines Fach sei, denn wenn man den Einfluss der französischen Literatur zusammen mit der Geschichte Frankreichs und Europas durch die Jahrhunderte betrachtet mit wohlgemerkt allen Epochen der französischen Literatur, der Aufklärung, der Französischen Revolution, der Philosophie, der nun wirklich aufregenden Verfassungsgeschichte, die Frankreich zu einem politischen Laboratorium ohnegleichen macht, dann sind das Dimensionen, die heute im Französischunterricht eine eher untergeordnete Rolle spielen – womit wir allmählich bei der rigiden Fächertrennung und dem Korsett der 45 Minuten angekommen sind. Ich erinnere mich zu gut an den Ärger, den ich mir bei der Lehrprobe im Bonner Friedrich-Ebert-Gymnasium eingehandelt hatte: es ging um 2 oder drei Vokabeln, die eingeführt hatte – über dem erlaubten Limit von 10 oder 12 Vokabeln, die uns die Fachleiterin zugestanden hatte. Und als ich > Camus sein Kapitel mit Meursault und seinem Beichtvater in der Zelle vom Band hatte vorlesen lassen, war sie besonders ungehalten. Das ist ja viel zu schwer für die Schüler. Und dennoch auch Felix in der letzten Reihe hatte die Ohren gespitzt und so interessiert wie noch nie ausgesehen. Ich hatte auch ihn gepackt. Aber ihn sah sie von hinten nicht.
Es gibt natürlich auch die Unterrichtserfolge der Schulen mit einem bilingualen deutsch-französischem Zweig:
> 8. Deutsch-französischer Jugendkongress – mit einer Linkliste – 19. September 2019
und unsere Politiker setzen sich auch für das Fach Französisch ein:
> Nachgefragt: Ministerpräsident Armin Laschet antwortet auf unsere Fragen – 8. Juli 2019 von H. Wittmann
Was rät unsere Redaktion dem anonymen Lehrer in Hamburg? Haben Sie schon einmal ein richtig großes deutsch-französisches Fest in Ihrer Schule gemacht? So mit allem Drumundran? Mit französischen Gästen, mit Schüler/innen Ihrer Partnerschulen in Frankreich? Mit Abgeordneten der Deutsch-französischen Parlamentarierversammlung oder > Staatsminister Michael Roth? Mit Unterstützung des > Deutsch-französischen Jugendwerks? Mit vielen Ständen in der Aula, – viele deutsch-französische Unternehmen, viele Behörden, die Tourismusbüros, bref > alle Partner du francoallemand geben Ihnen gerne Unterlagen, die verteilt werden können- die jeweils von 2-3 Schülern ausgedacht, organisiert und betreut werden? Haben Sie ein Schüler/innen-Komitee, das das Fest organisiert – sie als Lehrer brauchen dann gar nicht viel zu machen. Der nächste 22. Januar 2020 ist eine gute Gelegenheit für einen > deutsch-französischen Tag auch in Ihrer Schule. Am besten eine Woche lang, da kann jedes Fach seinen Beitrag leisten. Die Schüler werden bestimmt auch hervorragende Pressearbeit machen (> Twitter im Französischuntericht wäre dazu auch nützlich) und danach steigt nicht nur das Interesse ihrer Schüler/innen an Französisch, sondern auch das derjenigen, die von anderen Schulen eingeladen waren.
Unsere Redaktion kennt die Klagen über den Deutschunterricht in Frankreich – aber das ist ein Thema für einen anderen Beitrag auf diesem Blog. Aber was wir tun können, ist den Französischunterricht zu stärken. Und den Schüleraustausch zu fördern: > Programm Brigitte Sauzet.