Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen auf dem Prüfstand

29. September 2009 von H. Wittmann



Romanistentag Sektion V.1:

Aktualisiert

2. Tag, Dienstag:

> Christoph Bürgel (Osnabrück) – >Dirk Siepmann (Osnabrück)
Was können Französischlerner und -lehrer? Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen auf dem Prüfstand

Im Tagungsreader steht:

“Der Vortrag berichtet über eine durch die DESI-Studie inspirierte Pilotstudie zur Ermittlung der tatsächlichen Sprachkompetenz von Französischlernern nach Klasse 10 sowie von gymnasialen Französischlehrern. Die Pilotstudie beschränkt sich dabei zunächst auf die rezeptive Wortschatzkompetenz und die Hörverstehenskompetenz; in der Hauptstudie sollen auch die produktive Wortschatzkompetenz sowie die Fertigkeiten Schreiben und Sprechen einbezogen werden. Begründen lässt sich diese vorläufige Beschränkung durch den Umstand, dass die Hörverstehenskompetenz, die eng mit der rezeptiven Wortschatzkompetenz zusammenhängt, von entscheidender Bedeutung für den Zugang des autonomen Lerners zur Zielsprachenkultur ist.

Basis für die Entwicklung des Wortschatztests sind die chrestolexikographischen Arbeiten Hausmanns und darauf aufbauende testtheoretische Überlegungen (Hausmann 2002, 2005; Siepmann/Holterhof 2007). Problematisch ist, dass nur noch wenige Kernlehrpläne den zu erreichenden Mindestwortschatzumfang beziffern; laut Kernlehrplan Niedersachsen sollen die Lerner nach Abschluss von Klasse 10 über einen „differenzierten Wortschatz verfügen, um allgemeine und individuelle Kommunikationsbedürfnisse zu bewältigen“. Wir gehen in Übereinstimmung mit dem bayerischen Lehrplan von einem rezeptiven Wortschatzumfang von 2400 Wörtern am Ende der Klasse 10 aus (also nach 5 bzw. 6 Lernjahren), obwohl dessen „Differenziertheit“ in Zweifel gezogen werden kann. Im Bereich Hörverstehen sollen die Schüler verschiedene authentische Texte global oder detailliert verstehen können.

Was den Wortschatzumfang der Fremdsprachenlehrer betrifft, so ist den Masterprüfungsordnungen verschiedener deutscher Universitäten zu entnehmen, dass im Allgemeinen nach Studienabschluss das Niveau C1 oder C2 des GER erreicht werden soll. Betrachtet man den im Niveau B2 (Beacco et al. 2004) umrissenen Wortschatzumfang (schätzungsweise mehr als 15000 Einzelwörter und Wendungen) sowie die Kompetenzdefinitionen des GER für die soeben genannten Niveaus (z.B. C1 „peut comprendre en détail une intervention sur des sujets abstraits ou complexes, même hors de son domaine“) so lassen sich für das Niveau C1 problemlos die 20000 Einheiten des Hausmannschen Ausbau- und Aufbauwortschatzes veranschlagen; diese werden dem Test für die Gruppe der Französischlehrer zugrunde gelegt.”

Die Auswertung der Tests im Rahmen einer Vorstudie, über den beide Referenten berichten, zeigt enttäuschende Ergebnisse. Trotz guter Gymnasien haben selbst die Lehrer zu wenige Wortschatzkenntnisse. Außerdem beobachteten die Referenten auch einen geringen Einsatz von authentischen Dokumenten im Französischunterricht.

Empfehlungen: Systematische Schulung mit authentischen Hörtexte und eine verpflichtende Integration von Mindestwortschätzen in den Lehrwerken.

Obwohl die Studie an zwei als leistungsstark geltenden Gymnasien durchgeführt wurde, zeigen die Ergebnisse ein ernüchterndes Bild.

Bei den Schülern wurde der Test des Grundwortschatzes (Abiturniveau) durchgeführt, d.h. der 3000 frequentesten Wörter des Französischen, von denen 2000 gelernt werden müssen (und hier getestet werden). Dieser Wortschatz kann also zum Ende der Klasse 10 noch nicht als vollständig bekannt vorausgesetzt werden. Hier zeigte sich, dass der durchschnittliche Schüler ca. 880 opake Wörter am Ende der Klasse 10 kennt. Fast die Hälfte aller Schüler verfügt über weniger Wörter und ca. ein Drittel beherrscht in Klasse 10 weniger als 675 opake Wörter des französischen Grundwortschatzes rezeptiv. Eine winzige Spitzengruppe von 5 Schülern beherrscht mehr als 1400 opake Wörter von 2000, also schätzungsweise insgesamt 2100 Wörter.
Die Leistungsstreuung ist an sich schon interessant, zeigt sie doch, dass ein vierjähriger Lehrgang, der mit einem einheitlichen Lehrwerk durchgeführt wird, völlig unterschiedliche Resultate zeitigt.

Der durchschnittliche Lehrer in diesem Pretest beherrscht ca. 4489 opake Wörtern, was einem Gesamtwortschatz von knapp 10000 Wörtern entspricht. Damit sind die Wortschatzkenntnisse durchschnittlich zu gering, um Romane und Zeitungstexte (z.B. Le Monde) ohne Wörterbuch zu verstehen.

Die Ergebnisse des Hörverstehenstests zeigen, dass die Hörverstehenskompetenz der Schüler zu gering ist, um authentische Hördokumente mit gemäßigter Sprechgeschwindigkeit angemessen zu verstehen. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass zum Einen authentische Hördokumente im Französischunterricht zu wenig eingesetzt werden und dass zum Andern eine systematische Hörverstehensschulung kaum stattfindet.

Für die Lehrer konnte festgestellt werden, dass auch hier die Hörverstehenskompetenz mehrheitlich zu gering ausgeprägt ist, um ein breites Spektrum an Radiosendungen zu verstehen auch wenn nicht Standardsprache gesprochen wird.

Die Referenten geben als Empfehlungen, dass eine systematische Hörverstehensschulung durch den Einsatz von authentischen Hördokumenten im Französischunterricht durchgeführt werden sollte und dass ein Mindestwortschatz verpflichtend in Lehrbücher bzw. in Schul- und Hochschulcurriculum einschließlich entsprechender Tests integriert werden müsste.

In einer geplanten Hauptstudie sollen nicht nur weitere Kompetenzen (evtl. auch die produktiven Kompetenzen „Schreiben“ und „Sprechen“) getestet, sondern auch miteinander korreliert werden.

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