Archiv für die Kategorie 'Literatur'

Le renouveau des rapports franco-allemands

Mittwoch, 25. Juli 2012
[wp-cumulus]
Zum Anklicken: Die Themen auf diesem Blog

Dieser 1500. Beitrag auf diesem Blog ist ein willkommener Anlass, den kürzlich in LE MONDE erschienenen Aufruf zu würdigen und hier gleich etwas Grundsätzliches zu den deutsch-französischen Beziehungen zu schreiben.

Am 28. Juni 2012 hat LE MONDE den Artikel > Pour un renouveau dans les rapports franco-allemands von Wolfgang Asholt, Henning Krauss, Michael Nerlich, Dietmar Rieger, Evelyne Sinnassamy, Joachim Umlauf veröffentlicht.

> Pour un renouveau dans les rapports franco-allemands
LE MONDE 28. Juni 2012

Die Autoren erwähnen u.a. Bernard de Monferrand, Jean Louis Thiérot, > France Allemagne. L’Heure de vérité (Paris: Tallandier 2011) aber auch Jacques-Pierre Gougeon, France-Allemagne: une union menacée, 2012 und > Allemagne, les défis de la puissance, La documentation française, 2012. Die Autoren dieses Beitrags verleihen ihren Sorgen angesichts der Polemik um das „deutsche Modell“ Ausdruck, die den Präsidentschaftswahlkampf im Frühjahr 2012 in Frankreich bestimmt hat. Sie haben Recht, Missverstehen hat diese Diskussion geprägt, und der damalige Präsident und die Bundeskanzlerin haben es nicht geschafft ja gerade versäumt, die bereits erzielte Aufmerksamkeit für das Thema – und das war doch schon ein gemeinsamer Erfolg – in eine produktive gemeinsame Richtung zu lenken. Deutsch-französische PR wäre angesagt gewesen. Institutionen gibt es dafür genug. Stattdessen wurde das Thema, als die Medien es aufgriffen, schnell wieder weggepackt.

https://twitter.com/FranceBlogInfo/status/235019751259258881

Dieser Beitrag könnte
ein Thema oder Aufhänger für eine Schülerarbeit sein:

Analysez le débat actuel autour des relations franco-allemandes et formulez vos suggestions.

Erinnern wir uns, zunächst ist Angela Merkel bei einem Wahlkampfauftritt mit Nicolas Sarkozy dabei, sie werden zusammen interviewt. Diese Wahlkampfunterstützung wird aber im Verlauf des Wahlkampfes von Sarkozy nicht mehr genutzt. Mit dem Auftritt der Kanzlerin glaubt Sarkozy doch nicht so punkten zu können, wie er das anfänglich geglaubt hatte. Was war passiert? Hier geht es um die Feinmechanik in den deutsch-französischen Beziehungen: Perzeption nennt man das in der Politischen Wissenschaft. In Frankreich kam die Unterstützung der Bundeskanzlerin für Sarkozy als Einmischung in den Wahlkampf an, und Sarkozy musste schnell einsehen, dass er mit dem „deutschen Modell“ doch nicht so punkten konnte. Hinzukommt, dass die Kanzlerin zunächst sich nicht mit der Kritik von Sarkozys Herausforderer beschäftigen wollte. Eine echte Chance zum einvernehmlichen Dialog wurde (zunächst) nicht genutzt.

Vgl. > Sarkozy-Hollande : deux conceptions du modèle économique allemand – LE MONDE, Fondation Jean-Jaures | 29.02.2012 à 11h19 • Mis à jour le 15.03.2012

Friktionen, Missverständnisse, wachsende Distanz?

Betrachtet man von außen die beiderseitigen Beziehungen, so fühlt man sich wieder an die Friktionen beim Amtsantritt von Sarkozy erinnert, als es mit dem deutsch-französischen Paar nicht so recht klappen wollte. In ihrem Artikelaufmacher beklagen die Autoren, dass Deutsche und Franzosen sich von einander entfernt hätten.

Michel Serres: Ein Plädoyer für mehr Gemeinsamkeit

Anlässlich der > Verleihung des Meister Eckhart Preis 2012 in Köln hat Michel Serres > in seiner Dankesrede am 3. Mai 2012: Für die Verschmelzung plädiert: „Diese Vereinigung sollte weder die Form einer Nation noch die des Vaterlandes annehmen, da die historisch damit verbundenen Emotionen und Ideen bis in die jüngste Vergangenheit bereits zu viele Kriege und Tote nach sich gezogen haben. Das berauschende Gefühl der Zugehörigkeit wäre mit schrecklichen menschlichen Verlusten erkauft. Wie ich eingangs erwähnte, sollten wir weniger in Kategorien wie Gemeinschaften, Ländern, Einheiten, Gebieten oder Landkarten denken, sondern vielmehr an die Menschen denken.

https://twitter.com/FranceBlogInfo/status/234999485468651521

Die Verschmelzung müsste sich also auf direktem Wege zwischen den Deutschen und den Franzosen ergeben, das heißt unmittelbar von Individuum zu Individuum vollzogen werden.“ In Deutschland denkt man nicht in diesen Kategorien, wenn auch Pierre Nora in der FAZ > Man hat sich auseinandergelebt (16.2.2012) (Hier auf dem Blog: > Pierre Nora: “Die humanistische Kultur ist am Ende.”)die immer größere Leere im deutsch-französischen Dialog beklagt hat. Und auf beiden Seiten ist es trotz vieler > Anstrengungen nicht gut um das Erlernen der Nachbarsprache bestellt.

> Dankesrede von Michel Serres französisch PDF

Pour un renouveau dans les rapports franco-allemands

Die Autoren des Artikels in LE MONDE lancieren einen Aufruf zugunsten einer Erneuerung der deutsch-französischen Beziehungen und erinnern daran, dass nach 1945 die Aussöhnung mit Frankreich ein konstitutiver Bestandteil beim Wiederaufbau einer kulturellen deutschen Identität gewesen ist. In diesem Zusammenhang erinnern die Autoren mit Nachdruck an > die wichtige Passage im Elyseevertrag von 1963, der die Absicht der beiden Länder dokumentierte, den Sprachunterricht nachhaltig fördern zu wollen. Dieser Blog mit seinen 1500 Beiträgen seit September 2006 (> Argumente für Französisch) hat nichts anderes im Sinn. Würde diese Passage des Elyseevertrages und alle sonstigen Kulturabkommen mit Leben erfüllt werden, würde sich das Blatt bald zum Guten wenden.


> Das Fach Französisch verdient mehr Aufmerksamkeit

> Appel pour la Renaissance des relations franco-allemandes. Von der Normalisierung zur Entfremdung? Aufruf zum Deutsch-Französischen Verhältnis


Die Autoren sprechen sich mit Nachdruck für ein neues deutsch-französisches Forschungszentrum aus. Der Kern ihres Anliegens ist nicht eine Wirtschafts- und Finanzpolitik „ohne Alternative“, sondern „die Schaffung günstiger Bedingungen für eine lebendige und produktive Präsenz der Geschichte und der gemeinsamen deutsch-französischen Kultur im Gedächtnis beider Völker.“

Die Defizite sind größer, als es in dem Artikel dieser Autoren anklingt. Meine Enttäuschung war riesengroß, als NRW mir nach einen Studium dreier Fächer mit zwei Jahren in Paris, einer fast beendeten Promotion und einem Referendariat in einem bilingualen Gymnasium die Einstellung in den Schuldienst verweigerte, aber gleichzeitig ein beeindruckendes Gesamtschulprogamm anwarf. Der Stachel saß lange Zeit ziemlich tief. Mehrere Generationen bestens ausgebildeter Französischlehrer wurden nicht in die Schulen gelassen, weil man glaubte, für sie keine Verwendung zu haben. Seitdem wundert man sich, dass die Zahl der Schüler die Französisch lernen, zurückgehen. Die totale Ernüchterung folgt aber erst noch: Was erfahren Französischschüler über das Nachbarland?


Ingo Kolboom > Thesen zur Zukunft des Französischen, in: DOKUMENTE 4/1999, S. 281-283.

ders., > Was wird aus der Sonderbeziehung? Plädoyer für eine neu deutsch-französische Nähe. Wider die „Normalisierung“ als Diskurs der Entfremdung, in DOKUMENTE, 3-2000, S. 207-214


Es gibt interessante Projekte, man muss mehr über sie sprechen!

Wie wird bei uns in den Schulen für das Erlernen der französischen Sprache geworben? > Prix des lycéens allemands und viele andere Initiativen, > Klett engagiert sich für das Fach Französisch könnten noch größere Wirkung entfalten, wenn die Politiker und die Regierungen beider Länder einen größeren gemeinsamen Rahmen für die Kulturarbeit in beiden Ländern eröffnen würden. Eine Website mit einem deutsch-französischen Austauschprogramm das wär’s. Viele Französischschüler bei uns kennen noch nicht das > DFJW. Mein „Poisson d’avril“ > Promouvoir la langue française en Allemagne / Mehr Deutsch lernen in Frankreich war eine gute Gelegenheit, einmal so richtig von der besten aller Welten im deutsch-französischen Kulturbereich zu träumen.

Sucht man in Google nach dem > deutsch-französischen Jugendparlament findet man Einträge von 2003, die an ein feierliches und wohl leider einmaliges Ereignis erinnern. Wie wärs mit einem deutsch-Wettbewerb, dessen Gewinner jährlich das deutsch-französische Jugendparlament medienwirksam bilden dürften? Wir brauchen in den deutsch-französischen Beziehungen mehr Phantasie, mehr Kreativität, nicht nur Finanzen, sondern Politiker, die sich die Sache der Zivilgesellschaft zu eigen machen.


> Deutsch-Französische Agenda 2020

> Les relations franco-allemandes et la société civile

> Deutsch-französische Beziehungen – 269 Artikel auf diesem Blog


Die meisten der Themen dieses Blogs kommen im Schulunterricht nicht vor und Schüler wählen oft das Fach Französisch ab, ohne viel über Frankreich zu wissen. Die > Lehrbücher zeigen, dass der Anteil der Literatur im Französischunterricht nach einer Zeit der sagen wir kommunikativen Didaktik allmählich wieder ansteigt. Mir geht das nicht schnell genug. Solange Schüler immer noch mit Albert Camus lernen, das das Leben absurd ist, statt > Camus‘ Absurdität als eine Diagnose vermittelt zu bekommen, aus der ein Aufbruch für Freiheit und Kunst erfolgt, wird sich im Literaturunterricht nicht viel ändern.

Aber ein Blick auf das > Lektüreangebot für Französisch mit 446 Titeln zeigt, das im Französischunterricht doch gelesen wird, sonst könnte ein Verlag ein solches Angebot nicht bereithalten. Viele Klagen über das deutsch-französische Verhältnis entstehen auch, weil zu wenig über unsere gemeinsamen Projekte und über die gemeinsamen Erfolge gesprochen wird. Die vielen gemeinsamen Initiativen sind zu wenig bekannt: 330 Beiträge über > deutsch-französische Veranstaltungen auf diesem Blog sind aber doch recht beeindruckend? Oder das > deutsch-französische Geschichtsbuch? Dennoch bleibt der Eindruck, dass die Politiker in der Öffentlichkeit die deutsch-französischen Beziehungen nur zu gerne als einen Anlass verstehen, den Wunsch, künftig enger zusammenarbeiten zu wollen, wieder einmal zu bekräftigen, anstatt die Ergebnisse ihrer Arbeit vorzutragen.

Nachgefragt: Véronique Taquin, Un roman du réseau

Montag, 25. Juni 2012

french german 

In Rumänien:
Festival AMIFRAN, Festival International de Théâtre Lycéen Francophone

Dienstag, 12. Juni 2012

Führt Ihr in Eurer Schule Theaterstücke auf französisch auf? Dann solltet Ihr mal auf Tournee gehen:

Das 20. Festival AMIFRAN, Festival International de Théâtre Lycéen Francophone, findet vom 27. Oktober bis zum 2. November 2012 in Arad, Rumänien statt. Gesucht werden noch Theatergruppen mit Schülern aus Deutschland, die Stücke auf Französisch aufführen. Für Deutschland ist die Anmeldefrist auf den 1. August 2012 verlängert worden. Details zum Festival finden Sie im Anhang und im Internet unter www.amifran.ro.

Nous avons le plaisir de vous informer que la XX-e édition du Festival AMIFRAN, Festival International de Théâtre Lycéen Francophone, aura lieu du samedi 27 octobre au vendredi 2 novembre 2012 à Arad dans la grande salle du Théâtre « Ioan Slavici » d’Arad. Vous y êtes chaleureusement conviés. L’arrivée des troupes est prévue pour le samedi 27 octobre avant 17 heures et le départ , pour le vendredi 2 novembre.

Nous tenons à vous rappeler certains principes que chaque groupe est invité à observer:
• âge des participants: 14-19 ans, élèves pratiquant le théâtre en français, en milieu scolaire;
• chaque groupe comprendra maximum 15 élèves plus un/deux accompagnateur(s) adulte(s);
• chaque troupe présentera un spectacle de théâtre en langue française (pièce du répertoire, adaptation, texte original, création, etc.) d’une durée maximum de 35 minutes;
• deux matinées seront réservées aux ateliers de formation théâtrale animés par des acteurs et metteurs en scène professionnels; élèves et accompagnateurs y sont attendus;
• en guise de clôture du festival nous reprendrons le CONCOURS-SPECTACLE DE LANGUE, CULTURE et CIVILISATION FRANÇAISE où chaque pays/atelier théâtre sera représenté par un/une élève; le thème du concours 2012 est dédié à Alfred de Musset ( 155 ans depuis sa mort) et à sa pièce « On ne badine pas avec l’amour »;
• Amifran poursuit son concours de photographies Au-delà du rideau où chaque troupe/établissement/ville est invité(e) à s’inscrire avec maximum trois photos en couleurs ou noir et blanc, photos d’auteur ou d’un collectif d’auteurs, ayant les dimensions de 20/30 cm; les meilleures photos seront primées par un jury professionnel;
• l’hébergement ( six nuitées en internat scolaire/hôtel) et les repas ( six pensions complètes cantine/restaurant) des participants, à partir du samedi 27 octobre (le dîner) au vendredi 2 novembre (le petit déjeuner) sont à la charge des organisateurs;
• une participation financière de 130 euros par personne est à prévoir;
• le voyage aller-retour est à la charge des groupes;
date limite d’inscription au festival pour des groupes allemands: le 1er août 2012 ( dernier délai).
Si vous trouvez notre projet intéressant, veuillez remplir, signer et renvoyer la fiche d’inscription que vous trouverez sur notre site : > www.amifran.ro à partir du 15 février.
Au plaisir de se rencontrer à Arad à notre fête du théâtre, de la jeunesse et de la langue française, nous vous prions, Monsieur/Madame, de croire à nos sentiments les plus sincères.

Le Président de l’AMIFRAN,
Florin DIDILESCU

Die Anmeldung nimmt Herr Florin Didilescu amifran@amifran.ro entgegen.

Kolloquium der Groupe d’études sartriennes in der Sorbonne am 22./23. Juni 2012

Montag, 4. Juni 2012

Die Jahrestagung der > Grouped’études sartriennes findet am Freitag, 22. und Samstag, 23. Juni 2012 in der Sorbonne in Paris statt. Amphithéâtre Champollion (Paris IV), 16, rue de la Sorbonne (2e sous-sol) 75005 Paris.

> Programme

> Sartre-Gesellschaft

Le monde numérique, les lettres et l’écriture

Dienstag, 29. Mai 2012

Die Welt ist digital geworden und es gibt kein Zurück mehr.
> Ohne PC ist ein Studium kaum noch möglich?. Milad Doueihi,
> Pour un humanisme numérique (Rezension), Paris: Seuil, 2011. Statt die digitale Welt als eine Fatalität zu akzeptieren, schlägt Milad Doueihi uns vor, die Technik in den Griff zu nehmen, sie besser zu beherrschen und mit unserer Imagination ihre Möglichkeiten auszunutzen. In einem langen Kapitel über die Freundschaft untersucht Doueihi alle Formen des Austauschs als neue Zeichen eines „urbanisme virtuel“ (S. 73). La distance critique de M. Doueihi par rapport à ces réseaux lui permet de reconnaître les failles et les contraintes auxquelles sont soumis les usagers de Facebook, par exemple. er ist sich der Gefahren des „Solitude numérique“ (p. 85-91) sehr wohl bewusst.
Das Kapitel über Anthologien (S. 105-138) enthält Überlegungen über das Verhältnis vom Schreiben zum Lesen. Doueihi will nicht vom Schrecken der Technik (cf. S. 163) sprechen, er zieht es vor, die digitale Welt mit „l’imaginaire du numérique“ zu verbinden: „[il] dessine un nouvel espace partagé entre le réel et le virtuel.“ (S. 166) Das kann man kaum in Abrede stellen, ein Student wird heute mit dem Internet möglicherweise schneller als noch vor 20 Jahren eine Bibliographie zu seinem neuen Seminarthema erstellen können. Aber nach wie vor bleibt die Arbeit mit oder im Internet nur eine Ergänzung ordentlicher und präsziser Bibliotheks- und Archivarbeit. Die vollständige Rezension: > L’impact du numérique sur nos sociétés

Die neue > Bibliothek am Mailänder Platz in Stuttgart visualisiert die digitale Distanz zum Buch.

François Bon beschreibt die Zeit nach dem Buch, après le livre, Paris: Seuil, 2011: Die Veränderung, die wir erleben, ist für ihn unwiderruflich und hat längst begonnen. Es geht um das Schreiben: „Accorder son traitement de texte,“ rät er seinem Leser und gibt zu erkennen, wie jeder Schreibprozess mit all seinen Erscheinungsformen und Formatierungen das Lesen beeinflusst. Lesen und das Schreiben gehört zu seinen Themen. Sein Anfang ist geschickt gewählt. Folglich ist auch das Lesen am Bildschirm etwas anderes als das Lesen einer Buchseite. Und er weiß auch, dass eine Liseuse auch mit einem dicken Buch ausgerüstet keinen dicken Buchrücken hat. Und das stört uns. (S. 25) Selbst das digitale Buch ist für Bon nur ein Übergang. IPad und PC, das Schreiben ändert sich, aber er bleibt dabei: „le corps écrit.“ Le Bon zeigt vor allem, dass die digitale Welt auch das Schreiben und die Schreibgewohnheiten beeinflusst und verändert. Le Bon hat nicht ganz unrecht, würde man ihm bedingungslos folgen, muss man die folgende Frage verneinen: > Peut-on encore exister sans Internet? Oder kann man ohne das Internet studieren? – Aber in welcher Hinsicht ist die digitale Welt für einen Romanisten wirklich notwendig? WIe viele von ihnen nutzen das Internet aktiv, um auf ihren eignen Seiten eigene Inhalte zu verbreiten? Oder werden Romanistik-Studenten immer mehr zu bloßen Rezipienten. Die vollständige Rezension dieses Bandes: > Die digitale Welt – Gibt es bald keine Bücher mehr?

Beide Autoren haben mit ihren Visionen nicht ganz unrecht. Auch die Welt des Unterrichts 2.0 hat sich gewandelt: > Französischunterricht und das Web 2.0.

Auf diesem Blog:

> Das Ende des Flanierens im Internet oder die “Tyrannei des Sozialen”
> Peut-on encore exister sans Internet? Oder kann man ohne das Internet studieren?
> Online lernen
> Web 2.0 – 165 Beiträge auf diesem Blog

Albert Camus: Die Gerechten / (+Lösch:) Occupy

Sonntag, 20. Mai 2012

2013 jährt sich der Geburtstag Albert Camus‘ (1913-1960) zum hundersten Mal.

Das Premierenpublikum versammelte sich gespannt am Samstagabend, 19. Mai, im Stuttgarter Schauspielhaus auf der provisorischen Bestuhlung. Albert Camus‘, Die Gerechten in der Inszenierung von Volker Lösch unter dem Titel Die Gerechten /Occupy stand auf dem Spielplan.

Eigentlich wolle Camus 1949 auf der Bühne die Geschichte einer Gruppe von Revolutionären erzählen, die Die Ermordung des Großherzogs planen. Der erste Versuch scheitert, weil Kinder im Wagen waren. Der zweite Versuch gelingt. Und im Gefängnis, im 4. und 5. Akt rechtfertigt Kaliayev seine Tat auch vor der Großherzogin, die ihn in seine Zelle besucht.

Die Kurzfassung der Premierenaufführung: Kein Bühnenbild, die Schauspieler – Lisa Bitter, Marco Albrecht, Jan Jaroszek, Matthias Kelle, Markus Lerch – kommen zusammen mit den Zuschauern in den vollen Saal, kein Vorhang, Licht aus, Scheinwerfer an, mit einem furiosen Start, legen sie ihre Pläne und Beweggründe, warum sie den Großherzog ermorden wollen, unter der Überschrift „endlich handeln“ offen. Für Kaliayev ist die Revolution, wie es bei Camus heißt, die Chance, die dem Leben gegeben werden muss.

Nach dem ersten Akt geht das Licht an, die Schauspieler verteilen sich am Rand der Sitzreihen, und einer von ihnen erklärt den Zuschauern die > Handzeichen der Occupy-Bewegung, damit sogleich eine Diskussion mit Konsensfindung begonnen oder zunächst eine Sammlung von Statements gesammelt werden kann. Die > Fragen, die jetzt gestellt werden, waren dem Publikum vorher bekannt. Sie stehen auf fragebogen, die die > Website des Schauspielhauses zu diesem Stück Herunterladen anbietet. Kopien lagen im Eingangbereich aus. Das Publikum war erschreckend schnell eingeübt: „1. 1% der Menschen verfügt weltweit über einen Großteil der Finanzmittel und damit über politischen Einfluss, 99% der Menschen sind davon ausgeschlossen. Ich gehöre zu den 99% (oder zu den 1%), weil: …“ Es gibt Kommunikationstechniken, mit denen wie mit Mikrophonen die Verständlichkeit der Publikumsbeiträge im ganzen Saal gesichert werden. Ein Drittel des Publikums machte bereitwillig mit, ein ganz kleines % verließ in der folgenden halben Stunde den Zuschauerraum. Nach einer ersten Fragerunde – fast ein Politseminar als Werbeeinblendung – ging Camus‘ Stück weiter, wieder vor der Blechwand auf der Bühne, diesmal unter der Überschrift „was getan werden muss“. Dann wieder ein Block Diskussion mit dem Publikum, diesem ging es um die Waffenexporte baden-württembergischer Firmen in die Welt, was dann doch zur Bitte einer Zuschauerin führte, man möge doch lieber mit dem Stück jetzt fortfahren. Worauf einer der Schauspieler erklärte, hier werde insgesamt eine Interpretation des Stücks von Camus vorgetragen, und er die Zuschauer vertröstete, der Zusammenhang werde gleich noch erkennbar.

Die Gretchenfrage lautet, wer wurde hier vereinnahmt? Das Publikum, das mit einer Diskussion überrascht wurde, in der möglichst ein Konsens mittels einer bestimmten Gesprächstechnik herbeigeführt werden sollte, das mehr oder weniger wider Willen hineingezogen wurde? Oder war es Camus selber, der mit dieser Interpretation zu einem Unterstützer der Occupy-Bewegung gemacht werden sollte? > David Graeber wird im Programmheft vorgestellt und zitiert. Für unsere Überlegungen brauchen wir noch mehr Anhaltspunkte. Akt 4 und 5 fehlten in der Inszenierung, die mit der Ermordung des Großherzogs endet. Das Stück ist als auf die Vorbereitung und die Ausführung des Attentats reduziert. Camus‘ Stück wird folglich auf die revolutionäre Aktion reduziert, auch wenn auf der Stuttgarter Bühne der verhinderte Tod der beiden Kinder wie in der Textvorlage unter moralischen Aspekten diskutiert wird. Im Programmheft wird Camus‘ Mensch in der Revolte (1951) zitiert. Camus ruft aber zu keine konkreten politischen Aktionen auf. Wohlwollend kann man sagen, Lösch versucht, sich und die Zuschauer am Werk Camus‘ zu inspirieren und schlägt ihnen ein Weiterdenken vor. Dennoch:

L’homme révolté untersucht die Möglichkeiten, Aufgaben und Pflichten des Schriftstellers, Intellektuellen und Künstlers angesichts einer Politik, die sich von jeder Moral entfernt hat. Die Distanz zwischen Moral und Politik ist nicht das Ergebnis dieses Essays; es geht vielmehr um die Frage, inwieweit Moral Macht beeinflussen kann, und wie der Verlust von Werten verhindert und damit ein Scheitern der Revolte abgewehrt werden kann. (…) Der enge Zusammenhang von Revolte, Moral und Ästhetik ist in L’homme révolté die Basis für die Entstehung eines Kunstwerks. In diesem Sinne sind Revolutionen und totalitäre Bewegungen nicht der alleinige Gegenstand dieses Essays.
Der Essay enthält auch keinen Aufruf zu einer Revolte. (…) Es gibt in der Untersuchung außer der Analyse, wie die Verweigerung eines Einzelnen, die hier beinahe ausschließlich Revolte genannt wird, entstehen kann oder muß, keine detaillierte Anweisung, wie eine solche Revolte verlaufen müßte. Sie ist kein einmaliges Ereignis, sondern gibt den Anstoß zu einer konkreten Veränderung. Die Revolte kann einen konkreten Ausgangspunkt haben. Im wesentlichen beschreibt die Revolte eine Haltung.“ H. Wittmann, > Albert Camus. Kunst und Moral, Reihe Dialoghi/Dialogues. Literatur und Kultur Italiens und Frankreich, Hg. Dirk Hoeges, Band 6, Peter Lang, Frankfurt/M u.a. 2002, S. 47 f.

Im Foyer kommt man bei Kartoffelsalat und Würstchen den anderen Premierenbesuchern ins Gespräch. Sicherlich kürzt Volker Lösch immer. Zwei Akte fehlen? Ach so, nein, man kenne das Stück nicht.

Etwa 700 Zuschauer mit fünf Schauspielern in kurzer Zeit zum Mitmachen zu bewegen, sogar mit von Musik untermalter Stillarbeit, nehmen Sie mal Blatt und Stift (Unter ihrem Stuhl) zur Hand, während Getränke gereicht werden, ist doch schon ungewöhnlich, funktioniert bei geschickter Inszenierung, und um die Regierung mal an die kostenlosen Kita-Plätze zu erinnern, solle ein Flashmob vor dem Landtag organisiert werden. An Vorschlägen für politische Aktionen zur Unterbindung ärgerlicher Missstände mangelte es nicht. Das ist Volker Lösch gelungen. Mit Hilfe einer Textvorlage eine Aufführung zu entwickeln, bei der das Publikum erfolgreich zum Mitmachen bewegt wird, auch wenn manche den Kopf schüttelten und sofort den Ausgängen zu strebten. Mindesten 99 % blieben da und erklärten folgsam, wieso sie eben zu diesen 99% gehören. Jede Aufführung verläuft anders und die Versuchung, nochmal hinzugehen, ist groß.

> Schauspielhaus Stuttgart

> Die Gerechten / Occupy

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